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Wenn ich Briefträger wäre

In ihrem Viertel,

wenn ich wüsste, wer

ihr die Empfehlungsschreiben

schickt,

würde ich das Leben

vielleicht besser verstehen,

würde wissen, wie es in Schwung kommt,

wer es mit Liedern

und wer es mit Tränen füllt.


Menschen, die Zeitungen lesen,

Menschen mit warmen

Herzen, guten Seelen,

werden alt und erzählen

niemandem davon.

Wenn ich Briefträger wäre

in diesem Viertel,

würde ich ihnen über den Tod hinaus

die Blumen gießen

auf den trockenen Balkonen,

die streunenden Katzen füttern

in den grünen Küchen.


Um zu hören, wenn ich treppab laufe,

wie sie sagt:


Briefträger, Briefträger,

mein ganzes

passt in deine Tasche,

verschenk es nicht

an die Milchmänner und stählernen Witwen,


Briefträger, Briefträger,

es gibt keinen Tod,

und außer dem Tod gibt es nichts.


Hoffentlich

kommt alles so,

wie wir es möchten,

und sicherlich

ist alles so gewesen,

wie wir es wollten.


Was hat sie doch für eine

herbe, schwerelose Stimme.

Was hat sie doch für eine

Unmögliche,

unleserliche Handschrift.

Mit dieser Handschrift lassen sich

Todesurteile unterzeichnen:

Niemand wird sie ausführen,

niemand wird etwas ahnen.

Aus dem Ukrainischen von Claudia Dathe

© Serhiy Zhadan

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